Rundbrief 02
Für das europäische und deutsche Patentwesen ist jüngst ein seit langem erwarteter Beschluss vom 13. Februar 2020 des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ergangen. Er betrifft das Einheitliche Patentgericht (EPG) / Unified Patent Court (UPC) der Europäischen Union und erklärt die bereits erfolgte Ratifizierung des „Übereinkommens über das einheitliche Patentgericht (EPGÜ)“ durch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland für nichtig. Wie ist dieser Beschluss einzuordnen?
Das geplante „Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung“ (EPeW, kurz meist Einheitspatent genannt) soll ein einheitliches Schutzrecht sein, das in (fast) allen EU-Staaten (gegenwärtig außer Spanien und Kroatien) gültig sein soll, und verspricht dem Anmelder unter anderem bedeutende Kostensenkungen bei der Zahlung der Jahresgebühren. Aber bevor die gesetzlichen Grundlagen für das Einheitspatent in Kraft treten können, müssen erst noch streitige Verfahren geregelt werden, die gegen ein Einheitspatent – Stichwort „Nichtigkeitsklage“ – und aus einem Einheitspatent – Stichwort „Verletzungsklage“ – geführt werden können. Hierfür hat die EU das erwähnte „Übereinkommen über das einheitliche Patentgericht (EPGÜ)“ beschlossen, dass jedoch erst in Kraft tritt, wenn es auch durch Deutschland ratifiziert worden ist. Diese Ratifizierung sollte durch das „Gesetz zu dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht“ (EPGÜ-ZustG) erfolgen, das der Bundestag am 9. März 2017 mit 34 anwesenden Mitgliedern aller Fraktionen einstimmig angenommen hat. Deutschland ist eines von drei Ländern der EU, ohne dessen Ratifizierung das EPGÜ nicht in Kraft treten kann.
Dieses EPGÜ-ZustG hat nun das BVerfG mit dem Eingangs erwähnten Beschluss für nichtig erklärt. Als Grund führte das Gericht an, dass mit diesem Gesetz Hoheitsrechte Deutschlands auf ein supranationales Gericht übertragen werden, was eine Verfassungsänderung darstellt, wofür jedoch ein Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Da sich diese Zweidrittelmehrheit aber auf die Anzahl der Mitglieder des Bundestages – zum damaligen Zeitpunkt insgesamt 709 – bezieht, reichte die Einstimmigkeit der 34 anwesenden Mitglieder für eine wirksame Annahme bei weitem nicht aus.
Somit sind das Inkrafttreten des EPGÜ und damit auch die Einführung des Einheitspatents weiter in die Zukunft verschoben worden, aber nicht unbedingt endgültig gestoppt. Denn die damalige Einstimmigkeit aller Fraktionen lässt vermuten, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit sehr wahrscheinlich erzielt werden wird. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat bereits mitgeteilt, dass es an der geplanten Patentreform nach wie vor festhalte. Demnach muss eine erneute Ratifizierung erfolgen, wobei aber wegen der COVID-19-Pandemie nicht abzusehen ist, wann diese erfolgen wird. Wir werden Sie dazu weiter unterrichtet halten.